Grobe Fahrlässigkeit: Fahrer allein schuld
Gerichtsurteil: Schmerzensgeld für unangeschnallten Beifahrer
Wer grob fahrlässig einen schweren Unfall herbeiführt, muss für Verletzungen seines Beifahrers unter Umständen auch dann allein haften, wenn dieser nicht angeschnallt war. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Stuttgart hervor.
Ein junger Mann hatte einen Freund im Auto mitgenommen. Er raste mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h durch eine Tempo-30-Zone. An einer Fahrbahnverengung verlor er die Kontrolle über das Fahrzeug und kam ins Schleudern. Der Kleinwagen drehte sich um die eigene Achse und prallte mit voller Wucht gegen rechts und links parkende Autos. Der Beifahrer wurde durch den heftigen Aufprall eingeklemmt und erlitt lebensgefährliche Verletzungen.
Später forderte er vom Fahrer des Wagens Schmerzensgeld. Der wollte nicht zahlen und behauptete, den Beifahrer treffe eine Mitschuld an seinen Verletzungen. Der Unfall habe für ihn nur deswegen so schwere Folgen gehabt, weil er nicht angeschnallt gewesen sei. Der Fall ging vor Gericht, und das LG Stuttgart entschied wie folgt (Urt. v. 4.12.2003; Az.: 27 O 388/03):
Grob fahrlässig gehandelt
Selbst wenn der Beifahrer tatsächlich nicht angeschnallt gewesen sein sollte, träfe ihn nur dann eine Mitschuld, wenn seine schweren Verletzungen gerade darauf beruht hätten. Das wäre etwa bei einem Frontalzusammenstoß, einem Auffahrunfall oder einem Herausschleudern aus dem Wagen der Fall gewesen, nicht aber hier. Dem Beifahrer könne kein Mitverschulden angelastet werden.
Außerdem, so die Richter weiter, sei zu berücksichtigen, dass der Fahrer den schweren Unfall grob fahrlässig herbeigeführt und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt habe. In solchen Fällen sei für eine Mithaftung des Verletzten ohnehin kein Raum. Der Unfallfahrer müsse 20.000 Euro Schmerzensgeld an den Verletzten zahlen, so das Urteil.