Brawn hofft bei Rosberg auf Button-Effekt
Schumacher hat es noch drauf
Bereits zum dritten Mal in Folge wird das Mercedes-AMG-Team mit den Fahrern Nico Rosberg und Michael Schumacher an den Start gehen. Der Rekordweltmeister wurde immer wieder dafür kritisiert, von Rosberg vorgeführt zu werden, doch Ross Brawn rät zu einer differenzierten Beobachtung der Ereignisse und verweist auf Schumachers Qualitäten in schnellen Kurven.
"Würde Michael in schnellen Kurven vom Gas gehen und keine Zuversicht über seine Fähigkeit, so etwas zu tun, ausstrahlen würde, dann könnte man zu Recht sagen, dass er es nicht mehr drauf hätte. Aber das sieht man bei ihm nicht - tatsächlich ist er in schnellen Kurven häufig schneller als Nico", verteidigt der Mercedes-Teamchef seinen Starfahrer im Guardian. Bei Rosberg ortet er hingegen eine "intuitive Fähigkeit, das Beste aus den Reifen auf eine Runde im Qualifying herauszuholen."
Reifennutzung entscheidend
Weiter betont er, dass Rosberg und Schumacher in den Rennen ähnlich schnell seien und mal der eine und mal der andere die Oberhand habe. Im Qualifying sieht er den GP2-Meister von 2005 vorne: "Nico ist unter diesen Umständen sehr stark, einer der besten, die ich je gesehen habe. Im Moment versteht Michael nicht, wie er das erreichen kann", so die ehrliche Analyse Brawns, der den 43-jährigen so gut kennt wie kaum ein anderer im Fahrerlager. Er glaubt, dass der Kerpener versuche, seine Kenntnisse und Erfahrung zu nutzen, um diesen Nachteil zu kompensieren.
Einen wichtigen Faktor bei der Einschätzung der Performance des früheren Ferrari-Piloten sieht Ross Brawn bei den Reifen: "Als Michael aufhörte, hatten wir noch Rillenreifen und es gab einen Reifenkrieg. Wir waren Bridgestones Hauptkunde und Michael hat die Reifen maßgeblich mitentwickelt, so dass sie von Natur aus auf seinen Fahrstil passten."
Heute gäbe es hingegen nur noch einen Reifen, und jeder müsse für sich herausfinden, wie das Beste aus dem Material herauszuholen ist. Einen Nachteil sieht er auch bei den Abkommen unter den Teams zur Kosteneinsparung: "Wir haben keine Tests mehr, oder nur noch sehr wenige, also kann man nicht mit zehn Reifensätzen hingehen und sagen: 'Gut, ich fahre jetzt eine Runde auf jedem Satz und werde versuchen, das letzte bisschen aus ihm herauszuholen.'"
Verstecktes Potenzial bei Rosberg
"Vielleicht haben sich die Reifen auf eine Art weiterentwickelt, die einigen Fahrern mehr entgegen kommt als anderen", so der 57-jährige weiter, der bei Nico Rosberg noch weiteres Potenzial sieht: "Nico ist in dieser Hinsicht eine echte Ausnahme und eine großartige Ergänzung für das Team. Wenn er ein Rennen gewinnen sollte, wird man einen weiteren Schritt in seiner Performance sehen."
Dabei hofft er auf einen Effekt, der bereits bei Jenson Button eingetreten war, als Brawn der heutige Mercedes-Rennstall noch gehörte und 2009 mit dem Engländer den Titel holte: "Jenson hatte zuvor ein Rennen gewonnen, unter etwas merkwürdigen Umständen. Aber als er begann, Rennen zu gewinnen, weil er der beste Fahrer im besten Auto war, hat er sich verändert. Er wurde immer konstanter und fing an, der Fahrer zu werden, der er heute ist." Sollte Rosberg ähnliches gelingen, könnte er Dinge zeigen, von denen niemand bislang wusste, dass er so etwas könne, kündigt Ross Brawn an.