Renault Twingo: 100.000 Kilometer in fünf Jahren
Twingo im Härtetest
Eines vorweg: Der Twingo ist ein fabelhaftes Auto. Er steckt die Sünden seines Fahres locker weg. Mangelnde Wartung oder Pflege scheinen ihm nichts anzuhaben - der Twingo scheint unzerstörbar und agil. Doch obwohl er optisch ewig jung aussieht – sein Alter macht sich mit zunehmender Kilometerzahl schleichend, aber deutlich bemerkbar. Manchmal früher als man denkt. Unser Dauertest bezieht sich auf einen Renault Twingo, Baujahr 98, Modell "Liberty" mit Faltdach und E-Paket.
Renault Twingo ein Frauenauto?
Wer einen Twingo fährt, fährt ein vielseitiges Auto. Völlig zu Unrecht ist wird er als "Frauenauto" bezeichnet. Während selbst Mittelklassefahrer einen Anhänger brauchen, um schwere Möbel zu transportieren, klappt man beim Twingo die hinteren Sitze weg. Ein Badregal plus dazugehöriger Kommode steckt der Kleine locker weg. Ist das Möbelstück zu lang, gibt es immer noch das Panorama-Faltdach - der Stauraum nach oben ist somit unbegrenzt. Weiter kann man den Twingo prima als fahrendes Doppelbett gebrauchen, falls kein Hotelzimmer aufzutreiben ist. Selbst auf einfachen Strecken macht der Twingo Spaß – durch die erhabene Sitzposition behält man als Fahrer jederzeit die Übersicht. Von der hinteren Sitzbank gab es keine Beschwerden mangels Platz an den Fahrer.
Die ersten 30.000 Kilometer sind für den Twingo kein Problem, wenn er häufig gefahren wird. Steht er länger ungenutzt im Freien, rächt sich das und die Bremsscheiben setzen schnell Rost an. Daher ist der erste Austausch bald fällig.. Diese Macke ist jedoch schnell verziehen – der Twingo revanchiert sich durchweg mit geringen Spritverbrauch und fantastischen Einparkkonditionen in jeder noch so verzwickten Situation.
Raucher sollten allerdings vorsichtig mit dem eingebauten Aschenbecher umgehen – wer beim Ausleeren kräftig zulangt, bricht die fragile Halterung in seine Einzelteile und muss sich fortan mit Klebestreifen behelfen. 20.000 Kilometer später macht das Radlager durch Klirren und Scheppern auf sich aufmerksam – leider wird beim Austausch desselben weiterer Rost auf einer der Bremsscheiben entdeckt – was die Reparatur teurer als erwartet macht. Der ABS-Sensor entwickelt von nun an ein merkwürdiges Eigenleben – und leuchtet ohne auffindbare Ursache hin und wieder auf dem Display auf. Da sich dieser Umstand nicht negativ aufs Bremsen auswirkt, ist dieser Mangel marginal - wenn man Bescheid weiß.
Bei Kilometer 95.000 ist der Verschleiß des Twingo nicht mehr zu übersehen – vor allem, wenn mitten auf der Autobahn der Auspuff abfällt, sich zwischen Karosserie und Reifen spießt und lustige Funken sprüht. Mit einem kräftigen Tritt dagegen lässt sich der Auspuff vollständig entfernen, allerdings kann es passieren, dass Teile des Kunststoffrahmens in der Zwischenzeit weggeschmort wurden. Nach dem Austausch des Auspuffs – welch Wunder – rät die Werkstatt zum weiteren Austausch der Bremsscheiben und des Bremskraftreglers.
Bei Kilometer 100.000 gibt der Kleine erneut klirrende Geräusche von sich und die Straßenlage verschlechtert sich rapide – Federbruch. Ärgerlich ist, dass Twingofedern etwa doppelt soviel kosten, als Federn für einen ausgewachsenen Mercedes-Benz. Erst mal saniert, nimmt der Twingo weiter den Kampf mit den Kilometern auf. Denn sein Alter sieht man ihm nicht an - nach jeder Wagenwäsche erstrahlt der Twingo, als käme er frisch vom Förderband. Und wer ihm in die knuffigen Scheinwerferaugen blickt, meint darin die Bereitschaft zu erkennen, nochmal 100 000 Kilometer in fünf Jahren auf sich zu nehmen.