Toyota Avensis im neuen Gewand
Der neue Toyota Avensis nimmt den Kampf um die Mittelklasse auf
Während Kleinstwagen, Kompaktmodelle und SUVs von ausländischen Autobauern noch gegen die heimische Konkurrenz punkten können, haben es Mittelklasse-Modelle hierzulande immer schwerer. Modelle wie der Nissan Primera, Honda Accord, Mitsubishi Galant oder Seat Exeo sind bereits vom Markt verschwunden und auch der Branchenriese Toyota hat in den letzten Jahren einen schmerzhaften Rückgang im Segment erfahren müssen. Um das mögliche Aussterben ihres Klassikers „Avensis“ zu verhindern, haben die Japaner dem Mittelklassewagen nun einen Facelift verpasst, um wieder Boden auf dem Markt gutzumachen.
Mit neuem Gesicht zum Erfolg?
Achtzehn Jahre nach seiner Einführung im Jahr 1997, präsentiert sich die nun vierte Generation des Toyota Avensis als Kombi und Limousine im aktuellen Markendesign des japanischen Konzerns. Speziell die Front wurde prägnant gestaltet. Die weit nach hinten gezogenen Scheinwerfer fallen deutlich schmaler aus und ragen in einer Spange zur Mitte der Frontschürze hin. Diese wird durch eine weitere Chromspange über dem Nummernschild visuell verstärkt. Die großen Luftöffnungen geben dem neuen Gesicht in Kombination mit den nach unten gezogenen Linien der Schürze, einen leicht aggressiv-mürrischen Touch. Eine gewisse Ähnlichkeit zum Toyota Mirai, dem ersten serienmäßigen Brennstoffzellenauto der Welt, ist dabei nicht zu leugnen. Damit ist der neue Avensis alles andere als gefällig, aber das war wohl auch nicht der Plan der Japaner. Der Neue soll mit seinem individuellen Design zwischen Sportlichkeit und Eleganz auffallen und herausstechen – und das tut er in jedem Fall. Gemäßigter und wesentlich stimmiger als beim Vorgänger, ist auch der überarbeitete Heckbereich mit neuer Leuchtengrafik und einer ebenfalls neu gestalteten Schürze. Im Ganzen wirkt das Karosseriedesign harmonischer und ausgewogener, auch wenn es nicht Everybody‘s Darling werden wird.
Trotz Wachstum kaum Raumgewinn
Schaut man sich den neuen Avensis etwas genauer an, fallen erste kleinen Mankos auf: obwohl Kombi und Limousine um ganze vier Zentimeter in der Länge gewachsen sind, profitiert der Innenraum davon nur marginal und bleibt auf einem eher durchschnittlichem Platzniveau. Der Kofferraum des Kombis bietet nur mittelprächtige 543 bis maximal 1.690 Liter Volumen. Das können Konkurrenten wie der Skoda Superb Combi mit bis zu 1.950 Liter locker toppen. Trotzdem ist das Gepäckabteil gut zugänglich und beim Umlegen der Sitze ist der Ladenboden fast eben - aber eben nur fast.
Innenraum für Puristen
Ganz neu präsentiert sich auch das Cockpit des Avensis. Die schlichte Eleganz dürfte vor allem Puristen ansprechen. Wer sich hingegen über Feinheiten wie Ambientbeleuchtung und Alu-Akzente freut, wird enttäuscht. Denn Toyota verzichtet auf sämtliche Schnörkel und unnötige Zierelemente. Trotzdem wirkt das Cockpit des Mittelklasse-Japaners aufgeräumt und klarer als beim Vorgänger. Das zentrale Element bildet der acht Zoll große Touchscreen, der die Mittelkonsole dominiert. Positiv fallen die neuen, dunkelblau hinterleuchteten Instrumente auf, die ebenfalls schlicht aber nicht billig wirken. Bei der vorigen Generation musste man sich noch mit einer altbackenen, bernsteinfarbenen Beleuchtung abfinden. Trotz vieler Hartplastik Flächen ist die Verarbeitung des Innenraums sowie der Sitzkomfort sehr gut. Lediglich die Sitzposition dürfte für einige Fahrer etwas zu hoch sein. Deutlich verbessert wurde die Dämmung des Wagens, die für erheblich mehr Ruhe im Innenraum sorgt.
Trotz vieler guter Ansätze gibt es aber einige Kleinigkeiten, die im täglichen Umgang stören. So wird etwa die mit dem Tempomat vorgewählte Geschwindigkeit nirgends angezeigt. Zudem zeigte die Verkehrszeichenerkennung bei Testfahrten oftmals andere Tempolimits an, als das Navigationssystem. Technische Mängel die man durchaus hätte beheben können.
Kleine Rückschritte bei der Sicherheit
Auch einige Sicherheitsassistenten wurden eher „verschlimmbessert“. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Toyota möglichst viel Neues einbringen wollte, auch wenn dies bei einigen Dingen gar nicht nötig war. Zum Beispiel war das alte „Pre-Crash“ Anti-Kollisionssystem (PCS) radargestützt und konnte dementsprechend weit voraussehen. Das neue System arbeitet hingegen mit einer optischen Kamera und hat eine deutlich geringere Reichweite. Zudem führt das System nur noch Notbremsungen bis zu einer Geschwindigkeit von 80 km/h durch. Ein regelrechtes Downgrade findet sich beim neuen Spurhalteassistenten. Wurde der Wagen beim Vorgängermodell beim Verlassen der Spur noch über einen eingesteuerten Lenkimpuls in der Spur gehalten, warnt nun nur noch ein seichter Piepston.
Avensis mit sparsameren Motoren
Bei der Motorisierung kommen beim neuen Toyota Avensis neben alten Bekannten auch neue und sparsamere Motoren zum Einsatz. Die ungewöhnlich nah beieinander liegenden Benziner mit 1,6 Liter und 132 PS sowie 1,8 Liter und 147 PS sind zwar noch vom Vorgänger aus 2008 bekannt, dafür gibt es bei den Dieseln zwei neue und sparsamere Triebwerke. Wer sich mit der Formel weniger Leistung = weniger Verbrauch zufrieden stimmen möchte, kann auf den 1,6 Liter Motor mit 112 PS und 270 Nm zurückgreifen. Toyota gibt den durchschnittlichen Verbrauch mit 4,2 Liter an. Reicht das nicht aus, bietet sich die wesentlich flottere 2,0 Liter Maschine mit 143 PS und soliden 320 Nm an. In Kombination mit dem ebenfalls neuen Sechsganggetriebe schluckt der Avensis laut Hersteller 4,5 Liter und schafft den Sprint von 0 auf 100 in immerhin 9,5 Sekunden. Sind die 100 km/h erreicht, lässt der Schub zwar merklich nach, am Ende kommt der Mittelklassewagen aber doch noch auf Tempo 200. Mehr ist allerdings nicht drin, denn eine stärkere Maschine gibt es im Gegensatz zu vielen Konkurrenten nicht.
Trotz kleiner Macken ein gutes Preis- Leistungsverhältnis
Unterm Strich liefern die Japaner mit dem Toyota Avensis ein solides Auto ab, das speziell als Kombi wieder mehr Fans finden dürfte. Die offensichtlichen Macken und kleinen Versäumnisse werden von einem fairen Grundpreis von 24.640 Euro für den Kombi und 23.640 Euro für die Limousine ausgeglichen. Dank guter Serienausstattungen also letztlich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis.